Nichtbeanstandungsregelung bei Erstattung von Corona-Verdienstausfallentschädigungen
Steuerbefreiung von Verdienstausfallentschädigungen
Arbeitnehmer, die sich – ohne krank zu sein – auf Anordnung des Gesundheitsamts als Krankheits- oder Ansteckungsverdächtige in Quarantäne begeben müssen oder einem Tätigkeitsverbot unterliegen, erhalten im Falle des Verdienstausfalls im Regelfall eine Entschädigung nach § 56 Absatz 1 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG).
Auch Arbeitnehmer, die aufgrund der vorübergehenden Schließung von Einrichtungen zur Betreuung von Kindern, Schulen oder Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen ihre Kinder oder behinderte Menschen selbst beaufsichtigen, erhalten im Falle des Verdienstausfalls unter den Voraussetzungen des § 56 Abs. 1a IfSG eine Entschädigung.
Tipp: Die Verdienstausfallentschädigung ist für die Dauer des Arbeitsverhältnisses, längstens für sechs Wochen, zu zahlen.
Die Zahlung der Verdienstausfallentschädigung leistet der Arbeitgeber für die Entschädigungsbehörde. Die gezahlte Verdienstausfallentschädigung wird dem Arbeitgeber anschließend dann auf Antrag von der Entschädigungsbehörde erstattet.
Die Verdienstausfallentschädigung ist für den Arbeitnehmer nach § 3 Nr. 25 EStG steuerfrei. Sie unterliegt allerdings dem Progressionsvorbehalt. Sie ist also selbst nicht zu versteuern, erhöht allerdings den Steuersatz für die übrigen Einkünfrte.
Die Entschädigung ist vom Arbeitgeber im Lohnkonto aufzuzeichnen und unter Nummer 15 der elektronischen Lohnsteuerbescheinigung (eLStB) bzw. der Besonderen Lohnsteuerbescheinigung (bes. LStB) zu bescheinigen.
Ob und in welcher Höhe eine Verdienstausfallentschädigung im Sinne des § 3 Nummer 25 EStG vorliegt, wird durch die zuständige Entschädigungsbehörde bestimmt.
Änderung des Lohnsteuerabzugs
Oftmals kommt die Entschädigungsbehörde bei der Berechnung des Erstattungsbetrags zu einem anderen Ergebnis als der Arbeitgeber. Stellt der Arbeitgeber im Nachhinein fest, dass seine ursprüngliche Behandlung der Lohnzahlung/Verdienstausfallentschädigung (Lohnversteuerung bzw. Steuerfreistellung) unzutreffend war, ist er verpflichtet, zu viel erhobene Lohnsteuer bei der nächsten Lohnzahlung zu erstatten bzw. noch nicht erhobene Lohnsteuer bei der nächsten Lohnzahlung einzubehalten.
Eine Änderung des Lohnsteuerabzugs ist jedoch nur bis zur Übermittlung bzw. bis zum Ausstellen der Lohnsteuerbescheinigung zulässig.
Hat der Arbeitgeber die Lohnsteuerbescheinigung bereits übermittelt bzw. ausgestellt, scheidet eine Änderung des Lohnsteuerabzugs aus. Da die eLStB bzw. die bes. LStB bis zum letzten Tag des Monats Februar des Folgejahres zu übermitteln bzw. zu übersenden, ist die Änderung des Lohnsteuerabzugs spätestens ab dem 1. März des Folgejahres ausgeschlossen. Nach der Übermittlung bzw. Ausstellung der Lohnsteuerbescheinigung bekanntgewordene Abweichungen der Entschädigungsbehörde von der ursprünglichen Berechnung des Arbeitgebers rechtfertigen für sich genommen keine Änderung der Lohnsteuerbescheinigung. Denn insoweit handelt es sich nicht um die (zulässige) bloße Korrektur eines zunächst unrichtig übermittelten Datensatzes.
Abweichungen zwischen Antrags- und Erstattungsvolumen
Weichen Antrags- und Erstattungsvolumen voneinander ab und scheidet eine Änderung des Lohnsteuerabzugs aus, so ist zu unterscheiden, ob es sich um einen Fall der unzutreffenden Lohnversteuerung oder der unzutreffenden Steuerfreistellung handelt:
1. Unzutreffende Lohnversteuerung
Zahlt der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer Arbeitslohn, der zunächst versteuert wird, und erhält der Arbeitgeber später auf seinen Antrag hin von der Entschädigungsbehörde eine Erstattung nach § 56 IfSG, so liegt insoweit eine unzutreffende Lohnversteuerung zuungunsten des Arbeitnehmers vor. Denn die Zahlung einer Verdienstausfallentschädigung nach dem Infektionsschutzgesetz ist nach § 3 Nummer 25 EStG steuerfrei.
Im Falle der unzutreffenden Lohnversteuerung unterliegt der Arbeitgeber in der Regel keiner lohnsteuerlichen Mitteilungspflicht gegenüber dem Betriebsstättenfinanzamt. Insbesondere liegt kein Fall der sogenannten haftungsbefreienden Anzeige des Arbeitgebers vor, da zu viel und nicht zu wenig Lohnsteuer einbehalten wurde.
Tipp: Der Arbeitnehmer kann seinen Anspruch auf Erstattung der vom Arbeitgeber zu Unrecht einbehaltenen Lohnsteuer im Rahmen seiner Einkommensteuerveranlagung geltend machen.
2. Unzutreffende Steuerfreistellung
Geht der Arbeitgeber zunächst davon aus, dass eine Zahlung an den Arbeitnehmer als Verdienstausfallentschädigung nach dem IfSG steuerfrei ist und wird der Erstattungsantrag des Arbeitgebers später von der Entschädigungsbehörde abgelehnt oder ein niedrigerer Betrag als beantragt erstattet, beschränkt sich der Umfang der Steuerfreiheit der Höhe nach auf den von der Entschädigungsbehörde erstatteten Betrag. Der Arbeitgeber hat in der Folge die Lohnsteuer nicht vorschriftsmäßig einbehalten. Denn die Zahlung des Arbeitgebers stellt steuerpflichtigen Arbeitslohn dar, soweit dieser unzulässigerweise als steuerfrei behandelt wurde.
Fordert der Arbeitgeber eine zu viel gezahlte Verdienstausfallentschädigung vom Arbeitnehmer zurück, mindert der Rückforderungsbetrag im Jahr der Rückzahlung die für das Kalenderjahr unter Nummer 15 der Lohnsteuerbescheinigung zu bescheinigenden Leistungen. Übersteigt der Rückforderungsbetrag im Jahr der Rückzahlung die dort für das Kalenderjahr zu bescheinigenden Leistungen, so ist der übersteigende Betrag mit einem Minuszeichen unter Nummer 15 der Lohnsteuerbescheinigung zu bescheinigen.
Verzichtet der Arbeitgeber auf die Rückforderung einer an den Arbeitnehmer zu viel gezahlten Verdienstausfallentschädigung, weil er beispielsweise aus tariflichen oder anderen innerbetrieblichen Gründen (wie Erhaltung des Betriebsfriedens) daran gehindert ist, und kommt alternativ eine Steuerbefreiung der überzahlten Verdienstausfallentschädigung nach anderen Vorschriften nicht zur Anwendung, so hat der Arbeitgeber dem Betriebsstättenfinanzamt die Fälle in der Regel unter Angabe der persönlichen Daten des betreffenden Arbeitnehmers sowie der zutreffenden Werte unverzüglich schriftlich anzuzeigen.
Tipp: Eine Richtigstellung erfolgt im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung oder über eine Lohnsteuer-Nachforderung gegenüber dem Arbeitnehmer.
Befreiung des Arbeitgebers von der Anzeigepflicht (Nichtbeanstandung)
In den Fällen unzutreffender Steuerfreistellung – bei nachträglicher Abweichung von bereits an den Arbeitnehmer gezahlten Beträgen – wird es nach einem aktuellen Schreiben des BMF nicht beanstandet, wenn der Arbeitgeber von seiner Anzeigepflicht nach § 41c Absatz 4 EStG absieht, sofern die Differenz zwischen der dem Arbeitnehmer gezahlten Verdienstausfallentschädigung und der dem Arbeitgeber bewilligten Erstattung 200 Euro pro Quarantänefall nicht übersteigt.
Tipp: Insoweit haftet der Arbeitgeber auch nicht für die nicht vorschriftsmäßig einbehaltene Lohnsteuer.
Von einer Nachforderung der zu wenig erhobenen Lohnsteuer beim Arbeitnehmer wird abgesehen.
In diesen Fällen unterbleibt auch eine Korrektur der unzutreffenden Steuerfreistellung im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung des Arbeitnehmers.
Durch die Anknüpfung an § 3 Nr. 25 EStG unterliegen die arbeitgeberseitig geleisteten Beträge allerdings weiterhin dem Progressionsvorbehalt.
Diese Grundsätze sind im Hinblick auf die lohnsteuerliche Abrechnung behördlicher Erstattungsbeträge für Verdienstausfallentschädigungen nach § 56 IfSG anzuwenden, wenn eine für die Kalenderjahre 2020 bis 2023 vorzunehmende Änderung des Lohnsteuerabzugs nicht mehr zulässig ist.
Stand: 04.03.2023