HOAI 2013
Die Honorarordnung für Architekten- und Ingenieurleistungen (HOAI) ist die Rechtsgrundlage für das Honorar von Architekten und Ingenieuren.
Seit dem 17. Juli 2013 ist eine neue HOAI in Kraft, durch welche das Honorar für die Planer im Durchschnitt um 17 % - 18 % angehoben wurde, aber auch Mehrleistungspflichten für die Planer geregelt wurden.
Neuordnung der Leistungsbilder
Die Leistungsbilder der HOAI waren früher überwiegend am Stand der Technik der 70er Jahre des letzten Jahrhunderts ausgerichtet. Die Planungsprozesse und Büroabläufe der HOAI 1976 erfassten Zeichnungen am Reißbrett, Berechnungen mit Rechenschiebern, Leistungsbeschreibungen per Schreibmaschine sowie Kommunikation mittels Brief und Telefon. Die aktuelle Planungswirklichkeit zeichnet sich hingegen durch den Einsatz des PC für Beschreibungen und Berechnungen des Planungsprozesses, CAD (computer aided design), E-Mail, Telefon, EU-weite Ausschreibungen und Vergaben über elektronische Plattformen aus.
Auch die Anforderungen an die Planungsaufgaben haben sich gewandelt: Aspekte der Nachhaltigkeit sowie des Klima- und Umweltschutzes haben an Bedeutung gewonnen und die Ansprüche an Kosten- und Terminsicherheit sind gestiegen.
Mit der Überarbeitung der Leistungsbilder hat der Gesetzgeber folgende Ziele verfolgt:
- eine gute Planung setzt eine gute Grundlagenermittlung voraus;
- eine gute Planung erfordert eine ständige Abstimmung mit dem Bauherren;
- der Planungsprozess muss so intensiv durchgeführt werden, dass mit Abschluss der Entwurfsplanung die Planungsaufgabe (fast) erledigt ist und die Kosten für das Projekt sicher feststehen;
- - damit das Projekt auf der Grundlage der projektierten Kosten und innerhalb des geplanten Zeitraumes ausgeführt werden kann müssen Kostenkontrolle und Terminüberwachung intensiviert werden.
Mehr Verantwortung für Planer
Der Planer muss bereits bei der Grundlagenermittlung – Leistungsphase (Lp) 1 - eine Ortsbesichtigung durchführen und das Ergebnis der Grundlagenermittlung zusammenfassen, erläutern und dokumentieren.
Bereits ab Lp. 2 muss der Planer einen Terminplan mit den wesentlichen Vorgängen des Planungs- und Bauablauf erstellen. Dieser Terminplan muss im Rahmen der Entwurfsplanung fortgeschrieben werden und erneut im Rahmen der Ausführungsplanung angepasst werden.
Neu: Der Planer muss zu einem sehr frühen Zeitpunkt einen Terminplan erstellen und diesen während der gesamten Bauphase fortschreiben und überwachen.
Der Verordnungsgeber hat auch die Leistungen der Architekten und Ingenieure im Rahmen der Kostenermittlung und -verfolgung erweitert. In Lp. 2 muss nicht nur eine Kostenschätzung nach DIN 276 erstellt werden, sondern es muss auch ein Vergleich mit den finanziellen Rahmenbedingungen des Bauherren erfolgen.
Im Rahmen der Vorbereitung der Vergabe, d. h. wenn die Angebote der Unternehmer eingeholt und die Preise miteinander verglichen werden, muss der Architekt dies auf der Basis eines von ihm erstellter „bepreisten Leistungsverzeichnisse“ tun und prüfen, welche Abweichungen zu den Angeboten der Baufirmen bestehen. Der Planer ist zur durchgängigen Kostenverfolgung während des gesamten Planungs- und Ausführungsprozesses angehalten.
Neu: Der Planer muss sehr früh eine möglichst genaue Kostenschätzung erstellen und die projektierten Kosten mit der tatsächlichen Kostenentwicklung während der gesamten Bauphase vergleichen.
Erhöhte Koordinationspflichten
Neu ist auch die Verpflichtung des Planers die Leistung anderer Fachplaner, z. B. Statiker, technische Gebäudeausrüstung oder Brandschutz nicht nur, wie in der HOAI 2009 vorgesehen, zu integrieren, der Planer muss deren Leistungen auch koordinieren. Auch diese Aufgabe muss der Planer während der gesamten Bauphase erfüllen.
Neu: Der Planer muss die Leistungen der anderen fachlich Beteiligten nicht nur integrieren, sondern auch koordinieren.
Als Fazit kann festgehalten werden, dass insbesondere dem Objektplaner, aber auch den Fachplaner, projektsteuerungsähnliche Leistungen des Kosten- und Terminmanagements obliegen. Darin liegen neue Haftungsfallen für die Planer, wenn es zu Kostensteigerungen, Bauzeitverzögerungen und Baumängeln während der Bauzeit kommt.
Der Honorarerhöhung für Architekten und Ingenieure sind durch erhöhte Leistungsanforderungen gerechtfertigt. Jeder Bauherr sollte aber auch wissen, zu welchen Leistungen sein Planer verpflichtet ist. Die HOAI 2013 hat die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass dann, wenn Bauherr und Planer kooperativ zusammenwirken, Planungs- Termin- und Kostensicherheit für das Bauobjekt kein Wunschdenken mehr sind sondern Realität.
Neuregelungen auch für Aus- und Umbauten
Eine weitere wichtige Änderung hat es bezüglich der Honorierung beim Bauen im Bestand bzw. bei Umbauten gegeben. Der Gesetzgeber ist durch § 2 Abs. 5 HOAI zu der früheren Definition für einen Umbau zurückgekehrt. Ein Umbau ist nur dann gegeben, wenn dadurch ein wesentlicher Eingriff in Konstruktion oder Bestand erfolgt. Nur für solche Eingriffe kann der Umbauzuschlag gemäß § 6 Abs. 2 HOAI in Anspruch genommen werden. Bei unwesentlichen Eingriffen im Rahmen von „Erweiterungsbauten“, „Instandsetzungen“ oder „Instandhaltungen“ ist lediglich die mitzuverarbeitende Bausubstanz gemäß § 4 Abs. 3 HOAI angemessen zu berücksichtigen.
Der Umbauzuschlag wurde für die Objektplanung wieder auf 33 % begrenzt. Sofern ein Architekt einen Umbauzuschlag fordert sollte man prüfen, von welcher Intensität der durch die Umbaumaßnahme erforderliche Eingriff in den Bestand ist. Im Gegensatz zur HOAI 2009 kann dieser Zuschlag nicht mehr für jede Art von Eingriff gefordert werden. Der Umbau- oder Modernisierungszuschlag ist unter Berücksichtigung des Schwierigkeitsgrads der Leistung schriftlich zu vereinbaren. Treffen die Parteien keine Vereinbarung kann der Planer ab einem durchschnittlichen Schwierigkeitsgrad einen Zuschlag von 20 % fordern.
Der Schwierigkeitsgrad der Baumaßnahme ergibt sich aus der Honorarzone, in welche das geplante Objekt einzuordnen ist. Bauherren beachten nicht, dass auch bei einem höheren Schwierigkeitsgrad ein Umbauzuschlag von 20 % vereinbart werden kann, bzw. bei einem geringeren Schwierigkeitsgrad ein Umbauzuschlag unter 20 %. Sofern der Architekt daher einen Umbauzuschlag fordert sollte jeder Bauherr prüfen, in welcher Höhe eine Vereinbarung getroffen wird.
Neu: Der Umbauzuschlag erfordert einen wesentlichen Eingriff und ist für die Objektplanung wieder auf 33 % begrenzt. Die Höhe bedarf einer vertraglichen Vereinbarung.
Neue Definitionen erhöhen Rechtssicherheit
Auch die mitzuverarbeitenden Bausubstanz, durch die Novelle 2009 gestrichen, wurde wieder eingeführt. Der Verordnungsgeber hat erstmalig eine Definition der mitzuverarbeitenden Bausubstanz in die HOAI aufgenommen.
Die mitzuverarbeitende Bausubstanz erfasst nur den Teil des zu planenden Objekts, der bereits durch Bauleistungen hergestellt ist und durch Planungs- oder Überwachungsleistungen technisch oder gestalterisch mitverarbeitet wird.
Durch diese Definition ist zwar eine begriffliche Klärung erfolgt, das Praxisproblem aber nicht gelöst nach welchen Kriterien die mitzuverarbeitende Bausubstanz angemessen zu
berücksichtigen ist. Obwohl dem Gesetzgeber auch dazu Vorschläge vorlagen, hat er diese nicht aufgegriffen, sondern das Problem den Vertragsparteien Bauherr und Architekt überlassen. Spätestens bei der Entwurfsplanung müssen die Parteien vereinbaren, in welchem Umfang die mitzuverarbeitende Bausubstanz bei den anrechenbaren Kosten Berücksichtigung findet.
Wieder da: Die mitzuverarbeitende Bausubstanz muss bei Bauen im Bestand berücksichtigt werden, der Umfang ist durch Parteivereinbarung festzulegen.
Vertragsfreiheit bleibt gewahrt
Die größere Vertragsfreiheit, welche durch die HOAI 2009 eingeführt wurde, ist geblieben. Manchmal hat man den Eindruck, dass das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 24. Oktober 1996 - VII ZR 283/95 immer noch nicht verstanden wurde.
Was ein Architekt oder Ingenieur vertraglich schuldet, ergibt sich aus dem geschlossenen Vertrag, in der Regel also aus dem Recht des Werkvertrages. Der Inhalt dieses Architekten – Ingenieurvertrages ist nach den allgemeinen Grundsätzen des bürgerlichen Vertragsrechtes zu ermitteln.
Die HOAI enthält keine normativen Leitbilder für den Inhalt von Architekten- und Ingenieurverträgen. Die in der HOAI geregelten „Leistungsbilder“ sind Gebührentatbestände für die Berechnung des Honorars der Höhe nach.
Das bedeutet: zuerst ist vertraglich zu vereinbaren, welche Leistungen der Planer erbringen soll. Danach ist dann das dafür geschuldete Honorar zu ermitteln.
In der Praxis werden dem Bauherren oft in Form von Allgemeinen Geschäftsbedingungen vorformulierte Architektenverträge vorgelegt in denen angekreuzt wird, was der Planer zu leisten hat. Damit wird der Eindruck vermittelt, das Honorar könnte daraus automatisch ableitet werden. Wie falsch dies ist wird alleine daran deutlich, dass die §§ 3 – 15 HOAI in über 20 Fällen Raum für Honorargestaltung bieten, aber keiner kennt diese, erst recht nicht der Bauherr.
Hinzu kommen die vertraglichen Gestaltungsmöglichkeiten für die Fachplanerleistungen.
Tipp für den Bauherren: die HOAI bietet zahlreiche Gestaltungsspielräume für eine Honorarvereinbarung. Der Bauherr sollte diese kennen und
Vorsicht walten lassen, wenn er einen vorformulierten Planervertrag unterschreibt.
Auch die Regelung für die Honorierung von geänderten bzw. wiederholten Grundleistungen wurde in § 10 HOAI 2013 neu geregelt.
Ändert sich während der Baudurchführung der Umfang der beauftragten Leistungen, so ist die Honorarberechnungsgrundlage für Grundleistungen durch schriftliche Vereinbarung anzupassen. § 10 Abs. 1 erfordert eine doppelte Einigung: zum einen müssen Bauherr und Architekt sich darüber einig sein, dass sich der Leistungsumfang ändert, und zum anderen ist eine Einigung über das zusätzliche Honorar erforderlich. Diese Vereinbarung muss schriftlich erfolgen, sonst ist sie unwirksam.
Bei unwesentlichen Zusatzarbeiten kommt eine Honoraränderung nicht in Betracht.
Es empfiehlt sich im Vertrag festzulegen, ab wann eine honorarpflichtige Änderung vorliegt z.B. indem der zusätzliche Stundenaufwand für die zusätzlichen Leistungen festgelegt wird.
Achtung: bei wesentlichen Änderungen des Leistungsumfangs müssen sich Bauherr und Planer über den Umfang und die Honorierung schriftlich einigen.
Weiterhin ungeklärte Probleme
Umstritten bleibt das Problem, wie zu verfahren ist, wenn diese Einigung nicht zustande kommt. Jedenfalls in Bezug auf die nach Auffassung des Planers vergütungspflichtigen Mehrleistungen dürfte ein Leistungsverweigerungsrecht bestehen. Müssen Grundleistungen wiederholt werden, z. B. mehrere Vorentwurfs- oder Entwurfsplanungen, müssen sich Bauherr und Architekt ebenfalls schriftlich verständigen. Das Honorar für die wiederholten Grundleistungen richtet sich nach dem Anteil der Grundleistung an der jeweiligen Leistungsphase. Auch bei mehreren Vor- und Entwurfsplanungen ist eine vertragliche Einigung notwendig.
Planerhonorar erst nach Abnahme fällig
Neu ist, dass der Verordnungsgeber in § 15 Abs. 1 HOAI 2013 festgelegt hat, dass das Planerhonorar erst dann fällig wird, wenn die Leistung abgenommen wurde. Nur die Vorlage einer prüffähigen Schlussrechnung reicht nicht mehr aus. Juristen begrüßen den nunmehr hergestellten Gleichlauf zwischen Preisrecht und Werkvertragsrecht des BGB, dem der Architektenvertrag unterliegt.
Dass die Architekten und Ingenieure der Abnahme ihrer Leistungen mehr Aufmerksamkeit widmen müssen, ist auch in ihrem Interesse, da - wie bisher - auch der Beginn der Verjährung von Mängelansprüchen vom Abnahmezeitpunkt abhängt.
Die Art und Weise der Abnahme der Planungsleistung bzw. der Umfang der Abnahme ist abhängig von dem erteilten Auftrag. Daher muss man, orientiert an den einzelnen Leistungsphasen, bestimmen, welcher werkvertragliche Erfolg in der jeweiligen Leistungsphase geschuldet ist.
Der mit Abschluss der Lp. 4 – Baugenehmigung geforderte werkvertragliche Erfolg ist die Erteilung einer auf Dauer bestandkräftigen Baugenehmigung. Die Abnahme ist daher dann erfolgt, wenn die Baugenehmigung rechtskräftig geworden ist.
Der Abschluss der Lp. 8 – Bauüberwachung - erfordert das mangelfreie entstehen lassen des Werkes auf der Grundlage der erteilten Genehmigung und den Ausführungsunterlagen unter Beachtung der allgemeinanerkannten Regen der Technik.
Vertraglich können daher verschiedene Zeitpunkte als Abnahmezeitpunkte vereinbart werden z.B.
- die Planerleistung ist mit der Abnahme des letzten Gewerks ebenfalls abgenommen;
- die Planerleistung ist abgenommen, wenn alle bei der Abnahme vorbehaltenen Mängel beseitigt worden sind;
- die Planerleistung ist abgenommen, wenn das Objekt zur Nutzung übergeben wurde.
Neu: Das Planerhonorar wird nur nach der Abnahme fällig; etwas anderes kann schriftlich vereinbart werden.
Bauherren wird empfohlen, auf die Abnahme als Fälligkeitsvoraussetzung für das Honorar nicht zu verzichten. Weigert sich der Bauherr unberechtigt, die Architektenleistung abzunehmen, kann der Planer dem Auftraggeber gem. § 640 Abs. 1, Satz 3 BGB eine Frist zur Abnahme setzen, mit deren Ablauf die Architektenleistungen als abgenommen gelten. Architekten sind daher nicht der Willkür der Auftraggeber ausgesetzt.
Fazit:
Die HOAI 2013 hat alle Voraussetzungen dafür geschaffen, dass Bauvorhaben im Rahmen der vereinbarten Baukosten termingerecht erstellt werden. Die zahlreichen vertraglichen Gestaltungsmöglichkeiten verpflichten Bauherren und Planer zur ständigen Kooperation, auch während der Baudurchführung. Sofern man die Maxime setzt, dass eine faire und
vertrauensvolle, die berechtigten Interessen der anderen Vertragspartei wahrende, Kooperation die Grundlage der Zusammenarbeit ist und nicht die Macht des Geldes das Vertrags- verhältnis bestimmt, dürfte einer harmonischen Zusammenarbeit nichts im Wege stehen.
Stand: 23.10.2014